Muli muss üben mit kurzen Übungseinheiten, gibt dann alle vier Hufe und wird beim Hufschmied mit Möhrchen sediert. … …
Vorderhufe geben war kein Thema mehr bei Lissy. Ohne Anbinden ließ sie sich die Hufe auskratzen. Aber für die Petiküre am Hinterhuf hatte ich noch nicht das richtige Vertrauen zu ihr. Solange sie bei Berührung mit dem Schweif schlug wie eine gereizte Katze und auswich, ging ich da nicht mit der Hand dauerhaft dran. Selbst wenn ich den Huf hatte wollte ich ja nicht mit ihr kämpfen. Sie sollte ihn freiwillig geben und halten. Also strich ich sie weiterhin mit meinem langen Schäferstock ab. Rieb und kratzte an der Hinterhand außen und innen lang. Mal von rechts mal von links. Ich stand dabei an Lissys Schulter und hatte den Führstrick in der Hand. Jedes Stillstehen bei Berührung wurde belohnt mit Schnalzen und Möhrchen. Wir hatten Ende November und der Termin mit dem Hufschmied war in drei Wochen.
Dann Anfang Dezember nachdem Lissy sich ausgiebigst und ausdauernd abreiben ließ, immer noch mit dem Schäferstock, hob sie kurz den Hinterhuf und setzte ihn wieder auf. Das war offensichtlich ein Angebot. Ab dem Moment konnte ich sie vorne loslassen und mit der Hand ihre Kruppe abstreichen bis hinunter zum Huf. Sie wich nicht mehr aus. Ein leichtes Umfassen des Röhrbeins und die Aufforderung “Lissy Fuß” und Lissy hob den Huf. Ganz kurz nur nahm ich ihn und setzte ihn sofort wieder ab. Schnalzen und Möhrchen.
Unsere Übungsintervalle waren sehr kurz. Zwei bis drei mal am Tag 5 Minuten lang. Immer wenn ich eh bei den Huftieren zu tun hatte. Innerhalb einer Woche konnte ich das Hufgeben so lange ausdehnen, dass ich mit dem Hufkratzer säubern konnte. Dann wurde am Anbindehaken stehen geübt, mit Ghana zusammen und auch alleine. Das Mulimädchen hampelte hibbelig rum, vor allem wenn sie nicht im Mittelpunkt des Interesses stand. Aber die Hufe gab sie mir rundum nun auch angebunden recht brav, ohne zu zerren. Auch wenn sie bei der Hinterhand noch keine große Ausdauer hatte im Hochhalten. Sechs Wochen waren vergangen, seit Ankunft. Ich war sehr zufrieden mit der Entwicklung von: Hinterhand keine Chance, nur mit Sedierung und dem was Lissy mir nun freiwillig anbot.
Die große Frage war, gibt sie einem fremden Menschen ihre Hufe?
Der Hufschmied kam pünktlich. Ghana und Lissy wurden angebunden. Ghana war beim Beschneiden der Hufe tiefenentspannt. Lissy durfte zugucken. Frauchen war nervös. Ich hatte einen halben Wassereimer mit geschnittenen Möhrenstückchen vorbereitet. Zwischendurch animierte ich den Hufschmied Lissy mal eins zuzustecken, sozusagen als Freundschaftsangebot.
Ach, unser guter Hufschmied. Der Sohn hat das Geschäft des Vaters übernommen und auch seine ruhige und gelassene Ausstrahlung. Er hockte sich vor Lissy, ließ sich beschnuppern, gab ihr ein Möhrchen und sie gab ihm den Vorderhuf. Im Fünfsekundentakt schob ich ein Möhrenstückchen nach. Bei der Hinterhand wurde Lissy unsicher, aber mit “Prima, Lissy” und Möhrchen, Möhrchen, Möhrchen merkte sie schnell, dass alle Beteiligten friedlich blieben und sie offensichtlich alles richtig machte. Ein kleines bisschen zappte sie anfangs rum, aber nichts Wildes und dann hielt sie auch den Huf bis Alles fertig war. Puh, welche Erleichterung bei mir.
Von der Hinterhand gibt es jetzt keine Fotos, ich musste vorne stehen um die Möhrchen nachzuschieben. Das bleibt natürlich nicht so. Noch gibt es ein Möhrchen für jeden Huf, dann nur noch für zwei oder für alle vier. Dann nur noch ein “Prima”.
Das Hufegeben bleibt ein tägliches Ritual, auch wenn da nichts geputzt werden muss. Zweimal am Tag rundum die Pfoten bitte geben und auch immer ein bisschen länger mit mal draufklopfen, Bein ausstrecken oder anwinkeln und viel Loben. Wichtig ist, dem Mädel bei Zappelei keine Widersetzlichkeit oder gar Bösartigkeit zu unterstellen. Einfach mit Ruhe dranbleiben. Mein Vertrauen zu ihr hat einen Quantensprung gemacht. Schließlich ist die Hinterhand der wehrhafteste Teil von einem Huftier und sie hat nie versucht mich zu beschädigen.
Hier geht es die Geschichte weiter…
Eine Antwort auf „Sedierung mit Möhrchen.“