Eingliederung ins Rudel: Weisser Schäferhundrüde Kenny kommt in das Grenzgänger-Rudel und lernt wie Hündinnen ticken. Kenny will nur “Eines” und muß Benehmen lernen. Die Mädels sind erst ängstlich und dann ruppig. Cosima verdrängt ihre Schwester und sucht Bestätigung bei mir. Kenny darf frei laufen, das Revier makieren und kommt selbst zu Wort . … …
Damit das Rudel komplett wurde musste ein Rüde zu den Grenzgängern kommen. Die Mädels Cosima und Charis waren zu diesem Zeitpunkt 2,5 Jahre alt. Kati die kastrierte Australian-Shepherd-Hündin war 15 Jahre alt.
Kenny of Country Roads, dessen Abstammung bestens zu Charis und Cosima passte, war der Favorit. Mit fast 6 Jahren war er körperlich und charakterlich ausgereift.
Eine Rudelintegration war mit Vorsicht vorzunehmen damit die Hündinnen den Rüden akzeptieren lernen und nicht ständig aus Eifersucht oder Unsicherheit wegbissen. Manche Hündinnen lassen sich von Rüden vor denen sie Angst haben ihr Leben lang nicht decken. Kennys Charakter war vorzüglich. Er hatte das richtige Rüdenverhalten. Duldvoll, aber alles ließ er sich auch nicht gefallen und blaffte dann auch mal zurück.
1. Tag – Ankunft des Rüden
Am Ankunftstag war er so aus dem Häuschen, dass er nichts anderes wollte als die Mädels besteigen, vor allem die 15 Jahre alte kastrierte Kati. Kati bot sich ihm auch immer an, fiel aber bei seinen Bemühungen um weil sie mit ihren Jahren nicht mehr die Stabilste auf den Beinen war. Sie sah sich absolut als Rudelchefin, sonst hätte sie sich nicht so in den Vordergrund gedrängt.
Die beiden Weißen fanden Kenny allerdings eher furchterregend wie er so hartnäckig ihre Ruten verfolgte. Charis kringelte sich unter einen Hocker zwischen meine Beine und Cosi bellte ihn immer mit hoher, unsicherer Quietschstimme ab. Beide mußten lernen, sich gegen ihn durchzusetzen und nicht wegzulaufen. Rüden, die vollkommen unerfahren sind, sind ja ein bisschen dumm, und müssen erst von den Hündinnen lernen ob diese nun heiss, bzw. aufnahmebereit sind oder nicht.
Damit die Mädels in ihre Rolle hineinwachsen konnten, wurde Kenny erstmal an einer langen Leine fixiert. So wussten die Weiber, wo seine Grenzen waren und konnten selber auswählen wie intim der Kontakt wird. Kenny ständig zu reglementieren mit “Aus, Nein, Zurück”, war nicht zweckmäßig, da wäre Gehorsam fordern eine Überforderung gewesen.
Charis die Rudelschwächste traute sich hier den Kenny anzumotzen, weil sie wusste dass seine Laufleine ihn begrenzte.
Erst Distanz einhalten und dann checkt Cosi die Lage mit einer Geruchsprobe.
Kenny durfte erst mal was futtern nach der langen Fahrt und dann ging es ins Revier um Spannungen abzubauen. Beim ersten gemeinsamen Spaziergang war Kenny an der langen Longe, damit er die Mädels nicht permanent aufritt. Zu zweit fühlen sich die Weiber stark. Charis ist die erste, die ihn herausforderte, wohlwissend dass Cosima sie decken würde wenn es brenzlig wird.
Charis war hin- und hergerissen zwischen Annäherung und Abwehr, mutig sein und Angst haben. Sie duckte die Schulter herunter machte sich klein und unterwürfig, gleichzeitig aber zeigte sie die Zähne und wehrte ab. Kenny verfolgte Cosima, wobei diese eher auswich als flüchtete. Und dann jagte Cosima Kenny und sie war nun gar nicht mehr ängstlich. Es wurde ruhiger. Mit runtergerannten Energien sank auch der emotionale Pegel.
Abends durfte Kenny sich nur im ersten Teil des großen Wohnraumes aufhalten. Wagte er sich weiter vor gab es Zoff mit Cosima.
2. Tag – Erster Freilauf im Rudel
Hier meldet sich Kenny auch zu Wort
Die Mädels sind heute am zweiten Tag mutiger gegen mich. Weil ich so gutmütig bin meinen die sie könnten frecher werden. Ohh mann!
Der zweite Tag beim gemeinsamen Morgenspaziergang auf der Neissewiese. Wieder war Kenny an der 10-Meter-Longe. Die Mädels machten ihn immer noch aggressiv an. Sie waren nun mutiger als am 1. Tag da sie merkten, dass Kenny ihnen nichts tat. Mit ihrem Verhalten wollten sie ihn aus dem Rudel ausgrenzen. Du gehörst nicht zu uns, demonstrierten sie.
Diese Mischung aus Aggression und wildem Spiel hatte etwas Faszinierendes. Kenny behauptete sich gut, ganz souverän. Obwohl die Mädels ihn hart bedrängten fühlte er sich niemals unsicher. Für ihn schien alles Lust zu sein.
Aber mit der kleinen Süßen darf ich nicht rummachen, dann wird die Cosima sauer und knallt immer dazwischen.
Immer wenn Kenny sich an Charis heranmachte, spurtete Cosi durch….
Sie packt mich am Kragen und ich schieb sie einfach nur mit dem Hintern weg. Sie tut so, als wollte sie die Kleine beschützen, dabei ist sie doch nur eifersüchtig.
… um sich zwischen Charis und Kenny zu drängen, und Kenny dabei in den Pelz zu packen. Kenny schützte sich mit einer leichten Wendung und schob Cosi mit der Breitseite weg. Cosima demonstrierte ihre Beschützerrolle, aber an erster Stelle sagte sie dass ein Rüde sich mit der ranghöchsten Hündin abzugeben hat.
Nach dem Toben waren die Hunde ruhiger und standen sich mit erhobenen Ruten gegenüber. Jeder konnte das Gesicht wahren.
Gehorsamsübungen im Rudel stärken Gemeinschaftsgefühle.
Nun war es Zeit für eine erste gemeinsame Übung: Dann macht doch mal alle Platz …. und bleibt schön liegen. Prima wie das schon funktioniert !
Und dann durfte ich endlich ohne Leine. Ein paar mal hat Frauchen getestet ob ich auch komme wenn sie ruft. Na klar mach ich das. Ich will ja Liebling sein.
Nach dem Austoben und den Gehorsamsübungen bekam Kenny seinen ersten Freilauf auf der gut einsehbaren Neisseaue. Er hatte kein Interesse mehr die Mädels zu besteigen und diese ließen sich mit Worten gut beeinflussen und blieben friedlich.
Revier markieren
Dann schmiss sich Kenny ins Gras und aalte sich bis sein Geruch und der des Reviers vollkommen vermischt war. Das war nötig, meinte er.
3. Tag – Seilschaften bahnen sich an
Am dritten Tag ist alles noch entspannter. Kenny weiß die Damen zu nehmen. Er hat mich als Rudelführerin akzeptiert. Er ist jetzt schon anhänglich wie ein Schatten, und mit seiner Aufmerksamkeit bei mir. Nach der anfänglichen Jagd beim ersten Freilauf geht es gesitteter zu und Kenny lernt die Gewässer der Umgebung kennen. Charis will die neue Gruppenkonstellation für sich nutzen und Cosi weist sie in ihre Schranken.
Für Cosi ist die Ankunft des Rüden nicht leicht. Auch wenn Kati die Altersautorität hat und von Cosi noch umschwänzelt wird, hat Cosi ansonsten die Vormachtstellung im Rudel. Sie kann Kenny noch nicht wirklich einschätzen, will aber verhindern, dass er beim menschlichen Rudelführer – also bei mir – den ersten Platz einnimmt. Sie sucht nun mehr Bestätigung und Nähe bei mir als üblich.
Ihre Wurfschwester Charis darf mit Kenny aber auch nicht anbändeln weil das auch Cosis Position schwächen könnte. Charis ist zwar die Rudelletzte in der Hierarchie aber trotzdem ziemlich rotzfrech. Wenn sie an Kennys Flanke läuft, wagt sie es ihre große Schwester anzupöbeln, nachdem Motto : Ich hab aber einen großen Freund. Kenny lässt sich nicht auf diese Spielchen ein. Ein Zusammenrotten gegen die Chefin hat er nicht nötig. Er ist sich seiner Kraft bewusst und zeigt mit seiner großen Duldsamkeit das typische und gesunde Rüdenverhalten.
Charis würde so gerne mit Kenny rummachen. Cosima strengt sich an, dass sie selber Kennys Aufmerksamkeit bekommt.
Gemeinsames Erleben festigt die Freundschaft. Größtenteils sieht alles ganz entspannt aus. Kenny, Cosi und Charis schnuppern an ein und derselben Duftmarke, gehen gemeinsam auf Spur und stöbern in alten Bauten. Sie sind sich da sehr einig.
Kurze gemeinsame Übungen lassen vermehrt Gemeinschaftssinn aufkommen. Natürlich tanzt Kati mit ihrer Alterssturheit mal wieder aus der Reihe.
Also, wir Weissen sind viel braver als die Bunte. Meistens macht Frauchen nur ein verkniffenes Gesicht wenn die mal wieder nicht folgt und sagt: Na Oma, willste wieder nicht. Aber manchmal gibts auch Zoff und dann klappen wir Weissen die Ohren nach hinten und die Bunte guckt nur weg bis Frauchen vor ihr steht und sie zur Ordnung ruft.
Gemeinsames Beifußgehen: An der Leine geht Kenny hartnäckig vor mir, am liebsten einen guten Meter. Cosima schließt sich ihm an. Das muss ich separat mit ihm üben. Ohne Leine geht es schon sehr schön.
Abends darf Kenny das erste Mal mit in die Wohnzimmerkuschelecke ohne das Cosima rummeckert.
2. Woche – Ritualisierung
Kenny ist nun fast zwei Wochen bei den drei Mädels und die Positionen sind geklärt. Ich als Rudelführerin habe Einfluss auf die Entwicklung der Zusammengehörigkeit. Kati als 15 Jahre alte Hundeoma hat zwar die Altersautorität, aber nicht genug Vitalität um die wirkliche Führerin bei den Hunden zu sein. Cosi hat die Vorrangstellung vor ihrer Schwester Charis, die mitunter provokant ist aber die Autorität von Cosi nicht wirklich anzweifelt. Da die beiden Vollschwestern erst 2,5 Jahre alt sind, können sie die Autorität von dem fast 6- jährigen souveränem Kenny nicht in Frage stellen. Damit Cosi nicht vollends verunsichert wird, und daraus Aggression oder Rückzug entsteht, darf sie in den ersten Minuten des Freilaufs mit ihrer Schwester alleine losziehen. Hier wird dann in wenigen Minuten die Rangordnung bekräftigt mit Scheinattacken. Dann setze ich Charis an die Leine, und Kenny darf mit Cosi abdampfen. Auch hier sind es meist nur 3-5 Minuten die erst aus Scheinattacken und dann gemeinsamen Lauf bestehen.
Dieser Ablauf ist mittlerweile ritualisiert, was allen Teilnehmern Sicherheit gibt. Kenny ist dankbar, dass er es bei diesem temperamentgeladenen Beginn des Spaziergangs nur mit einer Hündin zu tun hat. Er mag sich nicht wirklich wehren, wenn beide Hündinnen ihn provozieren. Versäume ich die ersten 5 Minuten eine Hündin bei mir zu behalten, und rufe sie erst später ab, kommt der Süsse zu mir und stupst seine dicke Nase in meine Hand wie zum Dankeschön, um dann sofort wieder mit einer Hündin weiter zu toben. Nach 10 Minuten ist der Überdruck weg und alle Vier können nun frei und harmonisch durch die Aue schlendern, stöbern oder tollen.
Einen verträglichen starken Rüden mit drei Hündinnen zu vereinen scheint kein großes Risiko zu beinhalten. Allerdings ist die Konstellation Zwei oder Drei gegen Einen immer ungünstig. Noch sind die Mädels nicht in der Hitze und die Klärung der Vorrangstellung sollte schon eindeutig sein, weil wallende Hormone mutig machen und rebellisch. Das Risiko, dass sich die Mädels angehen ist größer mit der Gegenwart eines Rüden.
Kenny meint: Zwei Wochen bin ich schon hier. Die Mädels wissen jetzt dass ich bleibe. Meistens sind sie nett zu mir …
… aber eben nicht immer. Vor allem wenn wir das erste mal am Tag loslaufen dürfen ticken die nicht richtig.
Frauchen macht das jetzt anders. Erst dürfen die Mädels rennen und sich anmotzen, und wenn dann klar ist wem die Wiese gehört, lässt sie Cosi mit mir alleine laufen.
Die Cosi erzählt mir dann jeden Tag das selbe: “Ich Chef, mein Frauchen, meine Wiese, mein Wasser, mein Stock …” – wie langweilig. Aber dann ist sie verträglich und rennt mit mir nur um die Wette – Heissa!.
Manchmal versucht Frauchen uns drei zusammen starten zu lassen. Echt, dass ist Stress. Die Weiber denken weil ich mich nicht wehre wäre ich ein Schluffen. Dabei gehört sich das für einen Hundemann einfach nicht. Aber wenn es zu arg wird muss eine an die Leine. Ich bedank mich dann beim Frauchen und leg ihr meine Nase in die Hand.
Kenny ist nun integriert. Er hat die Hündinnen aufgemischt, einfach durch seine Gegenwart. Cosima zeigte schon als Saugwelpe dominante Züge. Charis war die Kleinste und Rangniedrigste im Wurf die sich von Allen das Futter wegnehmen ließ. Ich bin froh, dass die Hündinnen mental nicht gleich stark sind, so dass Reibereien nicht wirklich eskalieren und Charis mit Rückzug oder Unterordnung reagiert. Kati ist mit ihren 15 Jahren zu alt um mitzumischen. Sie wird noch diesen Monat (Dezember 2013) das Rudel verlassen und in den Hundehimmel gehen.